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Der Mythos vom Glück: Eine Reise durch die Schattenseiten unseres Verlangens

Glück. Ein Wort, das in unserer Gesellschaft fast wie eine heilige Verheißung behandelt wird. Wer glücklich ist, hat es geschafft – so lautet die gängige Erzählung. Glück ist das Ziel, das uns antreibt, das wir in Selbsthilfebüchern suchen, in Yoga-Retreats kultivieren und mit Erfolg, Reichtum oder romantischer Liebe gleichsetzen. Doch was, wenn diese Vorstellung von Glück selbst eine Illusion ist? Was, wenn unser unermüdliches Streben nach Glück genau das ist, was uns unglücklich macht?


Dieser Beitrag ist eine Einladung, die Schattenseiten unseres Verlangens nach Glück zu erkunden – nicht mit der Absicht, das Glück zu verwerfen, sondern um es aus einer radikal neuen Perspektive zu betrachten.


Glück als Mythos – Wer hat uns das eigentlich eingeredet?

Die Idee, dass Glück das höchste Lebensziel sei, ist tief in unserer Kultur verankert. Von der Werbung über die Selbstoptimierungsindustrie bis hin zur positiven Psychologie wird uns suggeriert, dass Glück etwas ist, das wir erreichen und dauerhaft besitzen können – wenn wir nur die richtigen Entscheidungen treffen.


Aber diese Vorstellung ist jung. In vielen alten Weisheitslehren war Glück kein isoliertes Lebensziel, sondern ein Nebenprodukt eines sinnvollen, achtsamen Lebens. In der buddhistischen Tradition beispielsweise geht es nicht darum, Glück festzuhalten, sondern darum, das Leiden zu verstehen und ihm mit Mitgefühl zu begegnen. Auch die antiken Stoiker sahen Glück nicht als emotionale Hochphase, sondern als innere Ruhe, die durch Akzeptanz des Unvermeidlichen entsteht.


In der modernen westlichen Gesellschaft hingegen wird Glück oft als Konsumprodukt verkauft: "Kaufe dies und du wirst glücklich sein", "Reise hierhin und dein Leben wird sich verändern", "Finde den perfekten Partner und du wirst erfüllt sein." Aber was passiert, wenn wir all diese Dinge erreichen – und uns trotzdem leer fühlen?


Das Paradoxon des Strebens nach Glück

Der amerikanische Psychologe Viktor Frankl, Überlebender des Holocausts und Begründer der Logotherapie, sagte einst:


"Glück kann nicht angestrebt werden; es muss sich ergeben. Es ist eine Folge, nicht ein Ziel."


Dieses Paradox wird in der Psychologie als das "Glücks-Paradoxon" beschrieben: Je mehr wir aktiv nach Glück streben, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir enttäuscht werden. Studien zeigen, dass Menschen, die Glück als ihr oberstes Ziel definieren, oft unglücklicher sind als jene, die sich auf andere Werte wie Verbundenheit, Sinn oder Mitgefühl konzentrieren.

Das Problem ist nicht das Glück selbst, sondern unser Verhältnis dazu. Wenn wir glauben, dass wir erst glücklich sein müssen, um ein erfülltes Leben zu führen, setzen wir uns einem endlosen Zyklus der Unzufriedenheit aus.


Die Schattenseiten unseres Verlangens: Warum wir nie genug bekommen

Unser Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, mit Glück zufrieden zu sein – es will mehr. Der sogenannte hedonistische Adaptationseffekt sorgt dafür, dass wir uns an positive Veränderungen schnell gewöhnen. Die Beförderung, die neue Beziehung, das schöne Haus – nach kurzer Zeit sind sie unser neuer Normalzustand, und unser Verlangen springt weiter zum nächsten Ziel.


Das führt dazu, dass viele Menschen in einem ständigen "Wenn-dann-Modus" leben:


  • "Wenn ich diesen Job bekomme, dann bin ich glücklich."

  • "Wenn ich endlich in einer Beziehung bin, dann fühle ich mich erfüllt."

  • "Wenn ich genug Geld habe, dann kann ich wirklich genießen."


Doch dieses Glück bleibt immer in der Zukunft, während das gegenwärtige Leben an uns vorbeizieht.


Zudem verstärken soziale Medien diese Spirale. Indem wir die inszenierten Höhepunkte anderer Menschen sehen, vergleichen wir unser eigenes Leben mit einer unerreichbaren Illusion – und fühlen uns automatisch unzulänglich.


Gibt es eine Alternative? Ein neues oder anderes Verständnis von Glück?

Wenn Glück kein festes Ziel ist, sondern etwas, das kommt und geht – was bleibt dann? Vielleicht ist es an der Zeit, eine tiefere, nachhaltigere Form der Erfüllung zu erkunden.


1. Von Glück zu Sinn

Studien zeigen, dass Menschen, die nach Sinn statt nach Glück streben, langfristig zufriedener sind. Sinn entsteht oft durch Beziehungen, kreative Prozesse, das Überwinden von Herausforderungen oder das Gefühl, zu etwas Größerem beizutragen.


2. Akzeptanz statt Kontrolle

Anstatt Glück krampfhaft festhalten zu wollen, können wir lernen, das volle Spektrum menschlicher Erfahrungen zu akzeptieren – auch Schmerz, Zweifel und Unsicherheit. Denn paradoxerweise wird das Leben erfüllender, wenn wir nicht gegen unangenehme Gefühle kämpfen, sondern sie als Teil unseres Daseins anerkennen.


3. Achtsamkeit und Gegenwärtigkeit

Glück wird oft in der Zukunft gesucht, obwohl es nur in der Gegenwart erlebt werden kann. Praktiken wie Meditation oder bewusste Dankbarkeit helfen uns, den Moment zu schätzen, anstatt uns ständig nach dem nächsten Kick zu sehnen.


4. Verbindung statt Vergleich

Anstatt unser Glück von äußeren Maßstäben abhängig zu machen, können wir uns fragen: Was gibt mir wirklich ein Gefühl von Lebendigkeit? Oft liegt die Antwort nicht in materiellen Dingen, sondern in echter Verbindung – zu anderen, zur Natur, zu uns selbst.


Fazit: Glück ist keine Trophäe, sondern ein Nebenprodukt des Lebens

Der Mythos vom Glück basiert auf der Annahme, dass wir etwas erreichen müssen, um vollkommen zu sein. Doch wahres Glück ist nicht das Ziel am Ende eines Weges – es ist ein vorübergehender Begleiter auf einem viel größeren Pfad.


Vielleicht geht es nicht darum, glücklich zu sein, sondern darum, ganz zu sein. Das bedeutet, alles anzunehmen – das Licht und den Schatten, das Verlangen und die Leere, das Hoch und das Tief.


Wenn wir aufhören, Glück als ultimatives Ziel zu betrachten, öffnet sich eine neue Freiheit: die Freiheit, das Leben in seiner ganzen Fülle zu erleben – ohne den ständigen Druck, immer glücklicher sein zu müssen.

 
 
 

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